IDIOT RUN!
Grüße aus Ruplemonde. Gestern Abend spielten wir in Gent im Charlatan. WAS für ein geiler Club, was für eine fette Anlage und was für ein Livetechniker. Wir hatten den dicksten und besten Sound bisher und spielten dick! Wie immer! Generall laufen die Konzerte auf einem guten Niveau, aber von Tag zu Tag sind die Feelings mitunter verschieden. Wir wurden inmitten dieses alten Baus durch Gänge geführt und hatten vor dem Konzert ein fantastisches Essen. Nudeln, Zuchinigemüse, cremige Knuspersoße, Huhn oder Tofu. Boa! Ich freu mich jetzt noch drüber. Danach füllte sich der Club bis zum Brechen mit sehr hübschen jungen Menschen aus Gent. Das ist eine Studentenstadt geworden und das passte einigen ausgesuchten Steve Wantt- Bandmitgliedern natürlich perfekt.
Später sind wir zurück. Eine gute halbe Stunde Fahrt und wir zogen uns zurück in unsere Privatbar-Hausanlage. Als ich bemerkte: Scheisse, Jacke nicht da. Mit Brieftasche, Telefon und Kamera im Club liegen lassen. 50 km! Toll. Steve kam noch einmal mit und so sind wir ohne Papiere losgefahren. Auf dem ersten Heimweg sah ich schon die Ordnungshüter am Rand stehen, jetzt auf der Fahrt nach Gent – kurz vor 2 am Morgen – war ich mir fast sicher, dass sie uns anhalten werden. Wir mussten ja wieder zurück. Und an ihnen vorbei. Tataaa, genauso war es. Angehalten, Scheibe runter, fragt mich der freundliche Polizist auf niederländisch mit flämischen Akzent irgendwas. „Sorry English or German only“. Bliblablubb, er wollte natürlich die Papiere haben und die hatte ich nicht. Seine drei Kollegen beschauten uns misstrauisch. Denn, hier die Fakten: Wir sind eine Band. Wir haben in Gent gespielt. Ich hab meine Jacke samt Papiere dort liegen lassen. Steve hat getrunken, deshalb fahre ich. Ich muss meine Jacke wieder bekommen, deswegen fahre ich, ich hab aber keine Papiere. Der Herr könnte das auch gar nicht glauben und wir sind eine Bombenbastelbande. Ja, eine Groovebombe!
Ungläubige Gesichter. Ob Steve sich ausweisen könne und eine Fahrerlaubnis habe. Er hat sie nicht mit. Keine Papiere, gar nix. Nur den Mietvertrag und die Zulassung des Vans. Gemurmel, ich versteh kein Wort. Wir haben ihnen unsere Tourdates erzählt, wo wir die nächsten Tage spielen und dass wir in Ruplemonde, im Gildenhuis, übernachten. Die Polizisten kannten Bert, den Betreiber und schöpften Vertrauen in uns.
„You drink something? We smell something“ Ich: „No.“ Steve: „I drank something but I don’t drive.“ Ich: „I will do the test, but I bet with you, you’ll lose.“ Die Polizisten schauen sich gespannt an und beraten. Währenddessen wiederholt Steve seine Einladung zum Konzert und kramt CDs hervor, steigt aus, läuft um den Bus herum und gibt den Polizisten je eine. Zum Tauschen. Ein Patzer der Polizei: Sie waren 4 Beamte und keiner von Ihnen hat Steve beobachtet oder konnte sein Verhalten einsehen. Steve hätte aus dem Van eine AK-47 zücken können und die Polizei niedermähen! Aber- natürlich nicht.
Nochmal flämische Beratung, dann bekamen wir die Unterlagen zurück und durften ohne weiteres fahren. Das war dann eine Zweimannparty im Bus, wie wir uns über die Polizisten amüsiert haben. Sie waren cool, keine Frage. Aber ich wundere mich jetzt noch, was für einen Eindruck wir wohl hinterlassen haben.
In Gent angekommen war der Charlatan und seine Besucher rammelvoll. Bis wir zum Backstage Bereich kamen, haben wir uns zwischen unzähligen jungen, schwitzenden und knackigen Körpern gewunden. Dann war die Tür natürlich abgeschlossen. Fuck! Einer der Türsteher hat uns dann reingelassen und: Meine Jacke! Jippie! Alles drin, gut! Jetzt waren wir einmal dort und blieben natürlich noch. Wir erlebten ein paar Leute auf Drogen, ein paar Hampelmänner ähnlich, dem 1,50m Klischee in weiß aus Hamburg und bestaunten die Pärchen, die sich betrunken die nächste Bleibe gesucht haben. Später fanden wir ein paar andere Bars auf der anderen Seite des Platzes. Cool ist, dass die Häuser mehrgeschossig sind und die Bars oft eine erste und zweite Etage haben. Die sehen sehr unsaniert aus, charmant und durch die Sofas perfekt für ein *geselliges* Beisammensitzen mit Bekanntschaften.
Nach ein paar Minuten labern mit unserem Techniker, den wir noch einmal gefunden haben, sind wir zurück und waren gegen 5 wieder in Ruplemonde. Guten Morgen Gute Nacht. Ich hoffe mal, die Polizisten kommen am Freitag hierher ins Gildenhuis, dann privat und dann können wir noch weiter plaudern. Das wäre schick! Ich würde mich freuen.
Heute Nacht Antwerpen, das wird dick und saftig! So weit so gut, was fehlt noch? Ach ja
Der Idiot Run!
Der Idiot Run ist nach dem Konzert, nach dem Runterkommen, nach dem Einladen und Tschüssi Sagen der letzte Gang über alle Wege, die man selbst im Club gegangen ist. Man läuft ihn, um alle liegengelassenen persönlichen Gegenstände einzusammeln und nach dem Einladen wirklich alles noch einmal abgegrast zu haben. Damit man nichts vergisst.
Klar, das mache ich immer. Bis auf- gestern. Düdüm und Schuss inn‘ Ofen! So verging die Nacht. Aber nachdem ich seit Jahren nicht mehr von der Polizei angehalten wurde, war das nächtliche Rendevouz New-York-Berlin-Antwerpener Romanciers durchaus süß.
Bis dann
P.S.: Das Bild zeigt die Bibliothek Ruplemonde. Riecht komisch drin…