ooceeyaan Tauchgang Nr.6

Song Nr. 12 „Gehst Heim“

Und nach jeder Heimreise kann man sich die Frage stellen, wie gut die Entscheidung war. Ist der Songname eine Frage oder eine Aussage? Dort an Cairns’ Strand stellte sich diese Frage wie immer auch nach allen anderen Aufenthalten down under. Auf der Wiese am Wasser saß ich und spielte ein paar leise Töne, die irgendwann eine Melodie wurden. Summte sie weiter, schaute aufs Meer. Und während die Musik langsam entstand, schwebte das rastlose Gefühl schon irgendwo draußen am Riff. Da wo „Weg“ das noch Unbekannte und weit Entfernte sich vorstellt, trauert das letzte Stück schon etwas. Es verliert sich am Ende und wächst sich selbst zu einem Gefühl des: Wiederkommen! Unbedingt!

Wenn man die letzten Dinge erledigen muss, bevor es wieder in den Flieger geht, die kleinen Abschiede vornimmt, ja. Dorthin passt das Gefühl dieses Stücks. Nicht zu traurig, nicht zu freudig. Man kann sich fragen, ob es eine Zusammenfassung sein will oder soll. Kann es das überhaupt sein? Heimfernweh. Neuschöpfung. Das Stück bleibt offen und streckt am Ende Hände aus. Neue Punkt zum Anknüpfen.

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ooceeyaan Tauchgang Nr. 5

Song Nr. 3 „Riese“

Ich spielte dieses Jahr auf einem Festival im australischen Staat Victoria. Später war ich damit betan, eine open stage zu hosten und einige meiner Songs zu spielen. Daraufhin sprach mich eine Frau an, die sich selbst als Māori vorstellte. Sie wollte unbedingt wissen, was dieser eine Song zu sagen hatte. Da ich auf Deutsch das Ding performierte, hatte sie natürlich keine Ahnung. Ich erzählte ihr dass ich „Riese“ am Hang des Berges Mt. Taranaki geschrieben hatte. Windstill und einsam zogen die Wolken unterhalb vorbei, man konnte den Ozean blass in 30km Entfernung sehen und war doch ganz in den eigenen Sinnen verschwunden. Der Berg und seine Kraft auf die Menschen dort. Die Māori dort verehren ihn noch immer auf eine sehr spirituelle Weise. Den Gipfel besteigt man nicht, aus Respekt. Ich schrieb eine englische Version, nahm sie auf und schickte sie aus Adelaide der Frau. Stolz bin ich darauf, dass ich im Text, den ich vor 5 Jahren schrieb genau diese Dinge erfasste, die die Māori dieser Gegend ähnlich wertschätzen. So aus dem Bauch heraus. Dass sich so eine Geschichte irgendwie so wiederfindet, das erwartete ich nicht. Den Zufall denkt sich keiner aus.
Der Berg und die Welt dort. Mit aller Eiseskraft, dem Wind und der Gefahr. Alles rein in das Geklampfe und die Produktion. Und wehe einer fragt nach Dur oder Moll.

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ooceeyaan Tauchgang Nr. 4

Song Nr. 4 – Tal

Auf einer einsamen Straße, wie kann es da noch leerer werden? Versteckt in den gefalteten Hügeln zwischen Stratford und Taumarunui liegt ein Dorf. Knapp 30 Einwohner. Aussteiger, Eigenbrötler und Hinter-den-Fenster-gucker. Eine alte Schule, seit Jahrzehnten außer Betrieb, der Sportplatz ist ein Zeltplatz jetzt. Das Dorf selbst war ein Warenstützpunkt all derer, die auf ihren Farmen irgendwo im Grün noch versteckter lebten als diese Gegend ohnehin schon ist. Viele Jahre ist das her, ich sah den Verfall.

Der Betreiber des Zeltplatzes wohnt in einem Wagen dessen Tür auf und zu knallt. Läuft man über die Wege durch das Dorf sind die Schritte und der Wind in den Hügeln die einzigen Geräusche. Manche Häuser verfaulen. Und der Friedhof selbst ist eine Zeitreise. Vor 50 Jahren wurde da vielleicht der letzte begraben. Bedrückend. Schön. Schaurig. Outside.

„Tal“ ist eines meiner Lieblingsstücke auf dem Album. Moll, na klar. Zerfallend und bröselig überschreitet es so schön einige Grenzen und fordert heraus. Na komm, komm! Unbedingte Kopfhörerpflicht.

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ooceeyaan Tauchgang Nr. 3

Zum Freitag auf die Insel. Nr. 11 auf dem Album – Inselparadies. Am Besten, du hörst das Lied erstmal durch. Es ist eines der schrägeren Stücke auf der Platte. Es folgt ganz schnurgerade dem Gefühl damals, wird dadurch etwas unwegsam. Also rechts im Player bis zur 11 vorskippen. Tsching!

Fertig? Nun denn: Es war einmal eine subtropische Insel. An der Ostküste von Queensland in Australien gibt es die Inselgruppe genannt „Whitsunday Islands“. Ich meine: Eine der abgefahrendsten Orte auf diesem Planeten. Kaum glaubbar und weil leicht zu erreichen: Ein Tourimagnet. Jo, da gehe ich hin! Der Hauptattraktion „Whitsundy Island“ vorgelagert gibt es eine kleine Inselgruppe, die Mole Islands. Dort wiederum die kleine South Mole Island. Dahin brachte mich das Boot und das kleine Robinson Eiland war Unterschlupf für einige Nächte. Ein paar verlassene Hütten gab es, zwei gelangweilte Betreiber eines in Vergessenheit geratenen alten Ressorts saßen herum und waren die einzigen Bewohner der Insel. Nach dem Quartiernehmen erkundete ich das kleine Land, stieg auf den höchsten Berg und holte mir ein paar geniale Eindrücke der umliegenden Wasser.

Aber doch immer beschäftigte mich das piesackende Gefühl, das Ding nicht glauben zu wollen, weil es doch anders aussehen müsste. Warum denn nur? Und wieso anders? Mir fehlt die Überwältigung dieser Gegend. Ich müsste doch eigentlich vollkommen verstrahlt und geflasht hier um die Palmen tanzen. Armes Depressivum? Nicht. Auf der Bergspitze verbrachte ich eine Zeit und wie sich die Entspannung breit macht, kommt die Einsicht zum Verständnis.

Wenn du Anfang der Achtziger in der ehemaligen DDR geboren bist, dann war es Anfang der Neunziger gut möglich, dass du als Grundschüler zum ersten Mal Farbfernseher und Privatsender sehen konntest. Die Flut der Bilder, der Wahn, die Manie von Werbung als Beschäftigung deines vor Energie strotzenden Geists. So wie bei mir. Gut möglich, dass die ein oder andere Werbung des Drei-Buchstaben-Reise-Anbieters dir leuchtende Strände und wedelnde Palmen als Urlaubsparadies verkauft hat. Im Sessel sitzend, genießt sich das bestimmt eher noch als droben auf der windigen Bergspitze im subtropischen Meer. Und dann wollten alle hin, weil man ja noch in der Schule mit seinen Kumpels darüber gelabert hat.

Und dahin trug mich dieser Eindruck. Dorthin zurück.

Da die Musik dem Feel folgt, geht es holprig und ausgesprochen alternativ kompositorisch zur Sache. Geht schnell und fragt die ganze Zeit. Wie mein Gang über die Insel. Eine fast vollwertige Schrammelgitarre neben fiependen Ungetümen, so fragt das Lied. Und bricht dann zusammen da der Flashback kommt, zurück in die Neunziger. Der langsamere Werbungsteil in der Mitte macht dann die Erlösung und wer genau hinhören will, der hört mal genau den Beat des Stücks nach DEM Reiseding damals ab. Verbastelt und collagiert funktionieren ziemlich viele Sounds als snare…

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ooceeyaan Tauchgang Nr.2

Willkommen zurück. Vor genau fünf Jahren war ich zum ersten Mal in Neuseeland und schrieb mein erstes Album. Ein paar detaillierte Einblicke in die Entstehung gibt es hier. Heute geht’s um Stück Nr. 6 „Ozean der Geschichten“

Karte auf. Neuseeland. Ostzipfel. Dort gibt es eine Stadt namens Opotiki. Dazu noch eine namens Gisborne. Diese beiden Städte sowie der Nordostzipfel bilden das Dreieck der Eastlands. Den östlichsten Teil Neuseelands und eine Gegend, in der viele Māori wohnen. Diese Gegend umrundete ich auf der einsamen Straße rund um die Küste. Malerisch nannten die Kiwis diese Straße „Pacific Coast Highway“. Und was für eine Straße. Wann kommt das nächste Auto? Sind diese Babybuchten echt? Nein, zu schön, zu wild, zu unberührt. Nach ein paar Tagen dort und am Eastcape New Zealand landete ich irgendwann wieder in der Zivilisation und damit in Gisborne. Traf ein paar Reisende, darunter eine Frau in ihren 70ern, sie wollte reisen, ihr Mann blieb zuhause. Aus den Niederlanden. Einen japanischen Bäcker, der den ungesunden Großballungsraum Tokyo mit seinen gut 20 Millionen Einwohnern hinter sich ließ. Jetzt in Neuseeland ist und sich dort an einer der wilden Küsten sein Leben aufbauen will. Kein Bäcker mehr, Surfladen + Lehrer. Ich bemerkte schon auf meinen vorherigen Streifzügen durch das Land dass die gesammelten Funken Erzählungen aus jedermanns’ Leben am Ende ein riesiges Buch werden würden. Nicht würde ein Buch staubig in meinem Regal lagern, nicht würde es in einer Bibliothek sein. Die Geschichten der Menschen liegen in der Luft oder am Autoreifen, am Strand oder im Stoffbeutel wo die abgefallenen Brotkrümel Karussell fahren. Doch bleiben sie dort, wenn man sie nicht aktiviert, anspricht oder sich nach ihnen erkundigt.

Weiter im Süden, in Napier an der diebischen Hawke’s Bay, saß ich auf dem höchsten Punkt der Gegend und spielte ein kleines Riff. Fast nur eine Melodie, fast nur ein dröseliges Stück. Bastelte auf einem der einsamsten Strände an einer Bridge und verpackte den Song am Ende. In einen funkelnden Berg von Grün, erdbraun und blau. ‚Bisschen Pop Zuckerwatte dazu, noch einen animierenden Beat.  Irgendwie ist „Ozean der Geschichten“ immer noch das gängigste Stück auf der Platte für mich. Wenigstens musikalisch. Textlich verpackt er die Reiselust der Menschen in ein Kleinstuniversum der Wassertropfen, die am Ende ein Ozean sind. Triff dich, hör zu, geh‘ weiter, sieh’. Im Spot der Aufmerksamkeit erzählst du deine Geschichte, aber morgen Abend schläfst du schon wieder woanders. Ein Lied, für mich klingt es stehend und fahrend zugleich.

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Fünf Jahre

Willkommen im Herbst! Geradeso von den Schwingen der Reiserei abgestiegen, zeigt der Kalender 2015. Oktober. Ja, Back to the Future, Triple Features und das Kälter-Werden draußen. musicmaik.de wird überarbeitet und zeigt erst einmal nur die News und das Blog.
Na Mensch und was sonst? Es ist fast auf den Tag genau fünf Jahre her, seit ich erstmalig nach Neuseeland aufgebrochen bin. Fünf Jahre. Viel passiert dazwischen und für dieses Jubiläum annonciere ich hiermit einen feierlichen Moment: Die Entstehung meines ersten Albums ‚ooceeyaan‘ ist fünf Jahre her! Cheers, Prost, Bärchensekt oder Kakao oder Tee. Bier klar.

Damit startet auf musicmaik.de eine Serie: In den nächsten sechs Wochen wird Song für Song des Albums ‚ooceeyaan’ in einem Texttauchgang erforscht. Eine Umkreisung, eine Skizzierung der Leidenschaft. Eine akustische Reise in Buchstaben. Lose, verteilt, ohne Reihenfolge. Schon jetzt lächelt das Herz bei der Vorstellung, einmal neu abzutauchen und in einer Klangwelt zu verschwinden.

Nimm’ dir am Besten Kopfhörer und starte den entsprechenden Song gleich rechts im Albumplayer. Denn heute geht es los!

‚Weg‘

Brav starte ich mit Nr. 1 des Albums. ‚Weg‘ ist nicht der Weg, sondern weg im Sinne von: ‚fort‘. Der Zug surrte elektronisch und rollte langsam aus dem Bahnhof in Dresden in Richtung Frankfurt am Main. Ich starrte aus dem Fenster und da kamen die Ideen für den Text.
/du hast nur / nur und Alles/ nur und Alles was du brauchst/ Manchmal verquirle ich einfache Sachen zu einem halbwegs rätselhaften Ding. Aber wenn man diese Zeile nur langsam und bedacht spricht, macht sie einem doppelt klar, was läuft. Ideen tropften weiter durch die Hände in den Füller aus der Tinte aufs Papier. In Neuseeland angekommen, kaufte ich mir Gitarre+Koffer und schrieb das heimlich spannende Riff, das die Platte eröffnet. Es jagt, es rennt und funkelt gleichzeitig und entwickelt sich zum Rätsel Neuseelands. Der große und majestätische Mittelteil feiert den mystischen Willkommensgruß und rennt alsbald zurück zum ursprünglichen Riff. Eine Skizze, eine Bleistiftandeutung, die offen lässt.
‚Weg‘ ist ein klangvolles Stück mit vielen kleinen Zirps und Zicks, es gibt eine rätselnde Welt zu erträumen. Und dabei erzählt das Liedchen auch nicht viel von sich selbst. Aber man findet den Eingang, sobald man nur gut zuhört.

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Hallo

Volltreffer:

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//Andrew und Heather leben auf einem Weingut in Central Victoria. 15 Kilometer in jede Richtung herum ist nichts außer Grasland, ein paar Bäume und Hügel. Altes Vulkanland, Granitbrocken, rote Erde. Dort ist gerade meine Basis. Über den März laufen an den Wochenenden kleine Konzerte sowie ein überschaubares Festival. Ich arbeite, helfe bei den Konzerten, spiele mit Musikern.

//Vorige Woche fuhr ich zurück nach Ost Gippsland, Bairnsdale, Paynesville um dort als musikalisches Gehör den Großteil einer CD mit lokalen Musikern aufzunehmen.

Kalenderabriss: Freitag, 13. (schon wieder!) 7:00 Uhr nach Bruthen fahren, 6 Stunden, Studio bis 22:00 Uhr

Samstag 10 – 21 Uhr Studio

Sonntag 10 – 18 Uhr Studio

Montag 7 – 15 Uhr Stratford /Avon Grundschule – Kindergesang aufnehmen, 19 – 24 Uhr Studio

Dienstag 7 – 15 Uhr Bairnsdale Grundschule – Kindergesang aufnehmen

Mittwoch – Environmental Work – Am Steilhang eines Flussufers australienfremde Bäume vergiften und nicht auf Schlangen tapsen.

Donnerstag – Jurymitglied eines Lebensmittelwettbewerbes sein

Freitag – 7 – 15 Uhr Lakes Entrance Grundschule – Kindergesang aufnehmen

Samstag besuche ich eine Freundin, Sonntag kehre ich zurück aufs Weingut. Was in dieser Woche als reine Aufnahme geplant war, wuchs sich zu einem Produzentenjob für mich. Yeha!

//Arbeiten – ich lerne gerade, wie Wein gemacht wird. März in Victoria, die Trauben kommen rein, werden zu Wein. Bald singe ich ein Lied von Shiraz, Cabernot Franc und Chardonnay. An den Abenden mische ich die aufgenommene Platte. Full Day. Yay!

Und im Handumdrehen geht einem die Zeit aus. Die Schilderung eines Arbeitstages als langweiliges Thema? Vielmehr beeindruckt die Möglichkeit, hier aus ein paar Backsteinen ein Haus zu bauen. Aus ein paar Telefonaten und Gesprächen wird im Handumdrehen ein guter Job und ein größeres Aufnahmeprojekt plätschert ans Ufer. Möglich möglich möglich, mach mach mach. Ziemlich hübsch, wie viele Aussies aufs Können schauen, hören, fühlen und gleich Nägel mit Köpfen machen. Und tatsächlich winden sich die Blätter an den Bäumen, über die Granithügel der Weingüter rast ein kalter Antarktiswind. Es wird Herbst und bleibt es relativ warm am Tag, ist es am Abend und Morgen recht kalt. Man schaut über die Hügel in die Ebenen und spürt den kalten Wind vom Südpol. Seltsam, wie diese Mischung daherkommt – Australien bekommt die Klatsche aus Antarktika. Bevor man sich versieht, integriert, verträumt und -liebt man sich in sein Leben hier. Lucky!

Auch: Die Zeit vergeht, Australien überschüttet die Erfahrungen mit immer Neuem.

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Heiße Höschen am Freitag dem 13.

Vogelperspektive go!:

Maik will die Rego des Vans erneuern. Rego = Registration = Zulassung. Eine Zulassung muss jedes Jahr erneuert werden. Maik fährt in die Werkstatt. Die Werkstatt kontrolliert den Van auf Fahrtüchtigkeit und Sicherheit in einer knappen technischen Inspektion. Heißes Höschen Nummer eins: Besteht das Fahrzeug diesen Test, bekommt Maik einen Pink Slip, einen so genannten Rosa Zettel! Der Van besteht, Yeah, Pink Slip her damit. Hat Maik den sexy Pink Slip in der Tasche, geht es zur Versicherung der Wahl. Hat Maik sich für einen Anbieter entschieden, bekommt er von diesem einen weiteren Antörner: Den Green Slip! Danach geht Maik mit beiden Slips zur Registry = Zulassungsbehörde und erneuert gegen ein mehrere hundert Dollar kostendes Entgelt die Rego des Vans für ein Jahr.

Als Maik ein paar Versicherungen anruft, finden die etwas seltsames in den Zulassungsdaten des Vans. Das Auto wiegt 1655kg im Leerzustand. Der Formfaktoreintrag sagt: BUS. Sitze: 14, erfordert wird eine teure Heavy Vehicle Inspection in einer HVIS – einer Heavy Vehicle Inspection Station. Sowie eine exorbitant teure Versicherung für Personentransfer. Aber da sind doch nur 3 Sitze drin? Egal, es zählt, was drinsteht. Auf den Internetseiten der Registry findet Maik heraus: Heavy Vehicle = Leergewicht > 4,5 Tonnen. Warum ist der Van ein Heavy Vehicle?

Maik geht ein weiteres Mal zur Werkstatt, zeigt dem Mechaniker die dubiosen Details in der Zulassung. Der bekommt große Augen und erkennt einen, seinen Fehler. Der Van hat nur 3 Sitze, in der Zulassung steht: 14. Von 3 Sitzen ausgehend, machte der Mechaniker eine Light Vehicle Inspection. Jedoch: Zugelassen als BUS mit 14 Sitzen muss das Auto in eine HVIS, eine Heavyblablabla! Maik ermüdet vom Abkürzungswahn. Heavy Vehicle Inspection nebst feindseligen Reparaturen + Personentransportversicherung für den Van, der ein Bett transportiert? Horrende Kosten von um die $2000. Maik staunt, aber der Techniker referiert weiter: Es gibt einen Weg da rundherum. Maik öffnet die Augen. Geh mit dem Auto zu einem von drei anderen Mechanikern in der Stadt, die sind dazu lizensiert, dem Auto unters’ Zahnfleisch zu fühlen und in einer Tiefeninspektion zu erkennen, dass das Auto nicht mehr 14, sondern 3 Sitze hat. Die entsprechende Werkstatt erkennt Maik an einem AUVIS Zeichen, das ist eine AUthorized Vehicle Inspection Station, eine authorisierte Fahrzeuginspektionswerkstatt. Besteht der Van diese Inspektion, bekommt Maik: Einen Blue Slip! Yes! Es kann jedoch sein, dass das Auto diesen Test zuerst nicht besteht, da es Mängel haben könnte. Ist das der Fall, bekommt Maik einen, Achtung: White Slip! und muss dann die aufgeführten Punkte reparieren lassen. Danach wird der White Slip in einen Blue Slip umgewandelt. Maik kann dann wieder zur Werkstatt kommen und – wenn es dann noch nötig ist – einen erneuten Pink Slip einfordern. Meistens muss man das aber nicht machen, da der Blue Slip hochwertiger – das heißt: mehr sexy – als der Pink Slip ist. Äh ja, Heiß!

Maik begibt sich zur Registry. Dort mal nachfragen. Die Mitarbeiterin überreicht Maik ein Papier auf dem sich ein paar Telefonnummern befinden. Was?, nein kein Blue Slip erforderlich. Angerufen, meldet sich ein Mann, ein Ingenieur, der ein Certificate of Compliance ausstellt. Eine Sicherheitserklärung. Einen Blue Slip bräuchte Maik nicht, aber der Ingenieur müsse sich die Modifikation des Fahrzeugs anschauen und abnicken. Maik denkt: Sitze ausbauen = Modifikation? Hm, Na gut – Hoffnung! Der Mann schreddert sie sogleich: $700. Das kostet ein Blick in den Van, der dem Ingenieur zeigt, dass die Sitze korrekt ausgeschraubt, die Sicherheitsgurte abgebaut und die Löcher im Fahrzeugboden mit Silikon ausgefüllt wurden. Ein Besuch von 5 Minuten. Stachlig denkt sich Maik: Der Ingenieur hat bei $700 / 5 Minuten einen Stundenlohn von $8400. Maik meint: Ohja! Ist die Fahrzeugmodifikation abgenickt, muss das Fahrzeug neu gewogen werden, dann wird der Formfaktor im Zulassungspapier von BUS in PVAN (PanelVan with Sliding Windows = Hoher Van mit Schiebefenstern) umgeändert, die fehlenden Sitze machen es bei einem Gewicht von ca. 1500kg von einem Heavy Vehicle zu einem Light Vehicle. (beachte: Das Fahrzeug wog niemals zuvor 4,5t, die Sitze machens also, Smartie! Und: Der Ingenieur ist daher ein teurer Zauberer)

Dann kann Maik zum Mechaniker zurückkommen, einen weiteren sexy Pink Slip anfordern (der für Light Vehicles gilt), dann zur Versicherung, einen Green Slip kaufen, schließlich bei der Registry die Rego verlängern. Alles für ein Light Vehicle, das wird dann billiger.

Als Maik mit einem Musikerkumpel in Victoria telefoniert, sagt dieser: Krass, bei uns ist das alles anders? Wie jetzt? Ja, die Verkehrs- und Zulassungsbestimmungen sind in jedem australischen Staat anders. Oha.

Maik versteht: Ein Freitag der 13. kann ein Lehrbuch sein, ja wirklich! New South Wales kann
k-o-m-p-l-i-z-i-e-r-t-e-r W-a-h-n-s-i-n-n also mindestens ebenso schön schreiben wie Deutschland. Das aber immerhin: Sexy!

Die Aussies und ihre Slips…

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Bau den Communityzaun!

Wacht über eure Nachbarschaft
Baut Straßen
Trefft Euch zum BBQ
Errichtet eine NationSeid gut zueinander
Nennt es Australia Day
Erinnert den Invasion Day
Genießt das größte Countryfestival der südlichen Hemisphäre
Helft euch, wenn das Auto liegenbleibt

Aus dem Bush ging es nach Süden, durch Brisbane, Warwick, Stanthorpe, Glenn Innes, Armidale, zurück nach Tamworth. Dort spielte ich vor einem Jahr wie auch jetzt wieder. Dem Land drosch einiges an Regen auf das strohige Haupt, so wurde es grün und charmant. Die paar Hügel, an deren Fuße Tamworth liegt, machen die Aussicht in die „Plains“ hübsch und laden zum Schwelgen ein. Der Oxley Lookout ist Abschussrampe der Blicke. Die Festivalwoche rannte ihre acht Tage schneller ab als der Millisekundenzeiger und von Gig zu Gig, Probe zu Probe genoss ich das Spiel mit so vielen Musikern in Andrew Clermonts Supper Club. Das Festival saugt Besucher aus Australien und anderen Teilen der Welt an, macht die Stadt zu einem Salat aus Cowboyhüten und Lederstiefeln. Leute rennen Quintbässen, 3-Akkordsongs und den Geschichten aus den Hügeln nach, passen ihre Sehnsucht nach etwas Identität in viele verschiedene Korsetts. Einige davon passen gut, doch der Träger wirkt verschroben.

Das Countryfestival in Tamworth zeigt die Produkte einer dicken Musikindustrie Australiens. Jung wie alt, vom 6-jährigen Straßentalentmusiker, dem seine Kindheit von den steakschmatzenden Eltern geraubt wird, bis hinauf zum elderly Gentlemen, dem die C-F-G-Akkord- Finger an seine Bluesgitarre gewachsen sind. Viel Energie und Geld geht in den Nachwuchs für Bluegrass & Co, standing ovations für eine gute Leistung am Banjo. Dort noch etwas Hype und „Good on ya!“ Es passt nur eins nicht: Aus der Papierlandkarte ausgeschnitten und etwas weiter nordöstlich auf den Globus geklebt, passt der große Südkontinent nun gar nicht auf Nordamerika. Dorther nämlich entstammt Bluegrass und Country. Australien mit seinen Instrumentalhelden aus dem Folk & Country zelebriert diese Musik aber wie seine eigene. Irgendwie das Bild verzerrend, passt der rote Kontinent auch: Er hat Weite, Unnachgiebigkeit, Naturschönheit und vermittelt dem Reisenden gerne die Wahrheit, ganz klein zu sein. Es finden sich 1000acre Rinderfarmen, Cowboys und die Melancholie- stiftende Einsamkeit der „Plains“. Ein Kontrabass, Westerngitarre, Banjo, Mandoline und die Fiddle sitzen da fest im Sattel. Aber kann man einen erwachsenen Sound ohne weiteres nehmen und hochentwickelt in einen wilden Kontinent installieren? Ein paar Sträflinge und Pioniere reisten über eine Monate dauernde Schiffsreise von den britischen Inseln bis nach Australien. Kämpften in ihren Siedlungen ums Überleben gegen die feindliche und karge Natur, sobald sie – wie in Amerika einmal – nach Westen aufbrachen, um neues Land zu finden. Irgendwie von Britannien abstammend, vermischt mit vielen Ethnien der Welt, fehlt dann eine Musik. 227 Jahre ist es her, seit die First Fleet in der Botany Bay landete und die Sträflingskolonie Sydney – neben den misstrauischen Blicken der Aborigines – errichtete. Eine fast 2000 jährige Kultur in Europa irgendwie zurücklassend – Was macht man mit Musik?

Auf dem Woodford Folk Festival sah ich hinreißend gute Musiker spielen, Bluegrass in Perfektion. Aber jeder schaut nach Nashville, wie macht man Platten, wie nimmt man die dann auf, was funktioniert gut im Business?
Die Wildheit des australischen Kontinents, die Bruthitze in manchen Teilen, Luftfeuchtigkeit und der ressourcenhungrige Kampf, der das Leben dort ermöglicht – sie verdienen, leben etwas eigenes. Die mehrere 10000 Jahre dauernde Geschichte der Aborigines hat da etwas zu bieten. Aber der kleine Imperativ, den die Exeuropäer über Bluegrass & Country als eigene australische Musik pflocken – der passt nicht so recht. Die Ernsthaftigkeit die das Erbe pflegen soll, hat ein Problem: Man könnte alle rote Erde pflügen, finden würde man nur Staub, Spinnen, Schlangen. Keine Box mit einer kulturellen Erinnerung. Viel zu wild ist der Grund, auf dem die spaßige Klimperei gedeihen soll. In Amerika ist das anders weil gemäßigter. Und bei dem gegenwärtigen Zuzug aus den Ländern der Welt suchen die Aussies gern subtil und unausgesprochen nach etwas Eigenem.

Die Stadt irgendwo zwischen der Landschaft, ein kleiner Ort der Gemeindschaft, verlässt man ihn, so ist überall herum das Abenteuer Überleben aktiv. Die kleinen Hinweisschilder dann mit „Nationbuilding“, „Communitywatch“ oder „Developmental Programme“ versehen, versuchen sie auch irgendwie zu beschützen. Die Menschen – vor der natürlichen Aggression des Kontinents und seinen vielfältigen Zähnen. Man übersieht sie manches Mal, aber sie sind scharf an unvermuteten Stellen.

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Ereigniskreisel

Vor zwei Monaten – in Sydney – hatte mir Marcus an einem Abend davon erzählt, er würde in ein paar Wochen in Kangaroo Valley spielen. Ein hübscher kleiner Ort, nicht viel mehr als eine Straße. Irgendwo im Hinterstübchen verschwand die Info bei mir.

Fünftausend Kilometer später. Wurde Sydney hinter den Blue Mountains begraben, die Blue Mountains hinter den weiten Ebenen von New South Wales. Das Outback vertrieb das Land. Inmitten drin – die Mildura Episode. Von dort ging es südlich, quer durch den Bundesstaat Victoria. Über goldenes Farmland, durch die majestätischen Grampians bis hinunter ans Ende des Landes. Port Fairy heißt das kleine Dorf an der Südküste, nicht schöner könnte der Name gefunden sein. Weiter, auf einer der beeindruckendsten Küstenstraßen dieser Welt. Gänsehaut sprudelt hinauf beim Nennen der Great Ocean Road. Melbourne schloss sich als inoffizielle Kaffeehauptstadt der Welt an. Bis sich der Highway durch Gippsland schlängelte, über einen Ausflug in die Snowy Mountains zurück Richtung Osten. Wieder bis ans Ende des Landes gefahren, wartete dort die Enklave der Bushwildnis – Mallacoota. Das Rechteck bauend, riss der Highway das Lenkrad nach links und trieb die rollenden Ränder nach Norden. Über Eden und einige außerweltlich wunderbare Küstendörfer ging es entlang der Southcoast, die in ihrem eigenen Süden treffend Sapphire Coast heißt. Weiter, immer weiter nach Norden, dem Pazifik im Blick, den Strandsand in der Hose, führte die Reise irgendwann nach Nowra. Und von dort – Ereigniskreisel – lag Kangaroo Valley nicht weit entfernt. Da sprang es aus der Hinterstube wieder hervor. Jede Etappe bisher hätte viele Buchstaben verdient, jedoch: Kangaroo Valley!

Einmal angekommen, ist es nicht viel mehr als eine Landstraße mit Holzhäusern links und rechts davon. Grün überall. Shops, Cafes, ein Fluss mit Brücke. Mitten im Tal. Ringsum stapeln sich die Kalksteinfelswände und überwuchert mit subtropischem Regenwald lassen sie das Tal wie eine Grüne Wanne erscheinen. Kangaroo Valley ist mit seinem Charme nur ein Stop in der Natur. Doch ist seine Erscheinung einmal mehr: Unglaublich, – es ist kein aufgebautes Filmset, das schön aussehen soll. Es bleibt immer verträumt und gemalt.

Ereigniskreisel.

Richard ist 71 und ein glücklicher Mann, der mit seinem Lachen einige Jahre seines Alters versteckt. Ich treffe ihn auf einer sonnigen Wiese mit Blick auf die umringenden Berge. Wie sein Akzent verrät – Könnte er aus Europa kommen? Dann wird es doch eine Geschichte der Welt: Richard kommt aus München. Nein, noch vorher war es, 1943 geboren! Seine Mutter, eine polnische Bauerstochter, floh vor den Nazis und ist als 15- jähriges Mädchen in München angekommen. Wo sein Vater – ein gut gebildeter Italiener sich später in sie verliebte. Die beiden bekamen Richard 1943 und nach seiner Kinderzeit verbrachte er die Jugend in Landshut, wo sein italienischer Vater Polizeichef im Flüchtlingslager war. Richard lernte einen Ingenieurberuf. Deutsches Handwerk, Präzision, Pünktlichkeit und Disziplin. Ihn zog es dann in die Welt, er reiste als junger Mann nach Kanada und baute dort Tunnel durch die Berge. Es war da inmitten der Schneegipfel, wo er seine zukünftige Frau traf – eine Norwegerin. Und tatsächlich ging er mit ihr nach einiger Zeit in Kanada zurück nach Skandinavien. Verlebte einige glückliche Jahre mit ihr bevor beide schlicht „Abenteuerlust“ packte. Sie gingen nach Australien und Richard arbeitete in den Kohleminen bei Wollongong. Das Leben hielt sie dort mit Magie, sie bekamen drei Jungs und: Blieben. Das war in den 60er Jahren. Geld hatte Richard, er kaufte für $25 je acre Land 500 davon. Jetzt hat er ein stattliches Anwesen im Tal der Kangurus. Noch immer kann er neun Sprachen fließend. Seinen bayrischen Dialekt zaubert er unter seinem Schnurrbart hervor. Einer seiner Söhne ist Architekt, ihn zog es nach Deutschland. Aber er müsste weiter, er hat noch so viel zu tun heute. Richard ist 71 und ein glücklicher Mann.

Noch beim Tippen der Buchstaben leuchten seine Lebenslinien über den Globus. Ich verlasse die grüne Kalksteinschlucht mit einem dedektivischen Suchen. Meine persönliche Bereicherung mit dieser Lebensgeschichte – Woher? Sie nahm ihren unbedeutenden Beginn vor 2 Monaten und 5000 Kilometern an einem Abend in Sydney.

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